Eine Stellungnahme zu der von verschiedenen Krankenkassen bereits durchgeführten Normmengen-Versorgung mit Stomaprodukten
Seit 2011 vollziehen einzelne Krankenkassen in Österreich die Limitierung der Stomaversorgungs-Artikel.
Wir Vorstandsmitglieder des Österreichische ILCO Stoma-Dachverbands, selbst auch Stomaträgerinnen und Stomaträger, waren und sind sehr betroffen von dieser Einschränkung und wenden uns entschieden gegen diese Limitierung.
Wir sind der Auffassung, dass eine generelle Limitierung nicht auf alle Betroffenen umgelegt werden kann, da nicht nur die Art des Stomas (Colostomie, Ileostomie oder Urostomie), sondern auch die Vorerkrankung (Carcinom, Colitis Ulcerosa, Morbus Crohn etc.) unbedingt berücksichtigt werden müssen. So ist z.B. ein Ausstreifbeutel für 24 Stunden für viele Betroffene mit Ileostoma, die weiterhin an einer chronischen Darmerkrankung leiden, entschieden zu wenig. Es müssen auch andere Faktoren, wie z.B. das Auftreten von Nebenwirkungen auf Medikamente, die sich oft auf Stuhlfrequenz und Stuhlbeschaffenheit (häufige Durchfälle, Hautprobleme unter der Versorgung, Vorbereitung auf Darmuntersuchungen etc.) auswirken, berücksichtigt werden.
Der Anspruch jedes Stomaträgers und jeder Stomaträgerin auf entsprechende Lebensqualität trotz Stoma steht für uns außer Frage und dabei stellt eine gute und sichere Stomaversorgung keinen Luxus dar, sondern ist für uns lebensnotwendig!!!
Eine Umstellung von Betroffenen von geschlossenen Versorgungsbeuteln auf Ausstreifbeutel kann und darf nicht erzwungen werden. Eine solche kann auch nicht von einem Tag auf den anderen erfolgen, sondern braucht eine entsprechende Gewöhnungszeit und das absolute Einverständnis des Stomaträgers oder der Stomaträgerin,.
Soziale und psychische Begründungen müssen gleichwertig neben medizinischen Begründungen stehen, da sich aus deren Missachtung ernste Folgen für das Wohlergehen des/der Betroffenen in Beruf, gesellschaftlichem Leben und individueller gesundheitlicher Verfassung ergeben.
Folgende Gründe sprechen für uns gegen eine generelle Limitierung von Stoma-Versorgungsmitteln:
Soziale Gründe Es darf keine Limitierung von Versorgungsmaterialien geben, weil hiermit eine Beteiligung der betroffenen Stomaträger und Stomaträgerinnen am öffentlichen Leben erheblich beeinträchtigt wird.
Viele Betroffene stehen im Beruf, haben u.a. regelmäßigen Kundenkontakt und können ihrer Tätigkeit nur mit einer sicheren und geruchsdichten Stoma-Versorgung nachgehen. Stomaträgerinnen und Stomaträger müssen jederzeit „gesellschaftsfähig“ sein und ihre beruflichen Interessen (Kundenkontakt, Dienstreisen,…) gleich wie privaten Interessen (Besuch von sozialen und kulturellen Veranstaltungen, partnerschaftliches Leben, Reisen etc.) aktiv leben können.
Auch sportliche Betätigungen, wie Schwimmen, Laufen, Rad fahren, Walken etc. (oft sind diese mit vermehrtem „Schwitzen“ und Mehrverbrauch verbunden!), müssen schon aus Gründen der Erhaltung der bereits eingeschränkten Gesundheit möglich sein.
Generelle Spargründe sind hier fehl am Platz und können erhebliche Mehrkosten für die Allgemeinheit bedeuten! Wenn es z.B. durch Einsparung von Basisplatten und Stomabeuteln zu Hautschädigungen kommt, verursacht diese Situation medizinische Behandlung und zieht ernste soziale und psychische Reaktionen der Betroffenen nach sich. Ausfall im Beruf, mangelnde Beteiligung am sozialen Leben und Depression sind vorprogrammiert. Dies betrifft die Allgemeinheit wie das Individuum gleichermaßen.
Psychische Gründe Die psychische Befindlichkeit einer Stomaträgerin/eines Stomaträgers ist ganz entscheidend abhängig von der sicheren Stomaversorgung. So ist z.B. eine ungestörte Nachtruhe nur dann gegeben, wenn die/der Betroffene vor dem Einschlafen das Gefühl einer guten Versorgungssituation hat.
Damit es einem/einer Betroffenen gut geht muss folgendes gewährleistet sein:
Die Stomaversorgung muss sicher sein, d.h. nicht offensichtlich schon auf dem Weg zum Undichtwerden.
Sie muss sauber sein, denn das ist doch der selbstverständliche Anspruch jedes Menschen.
Es darf keine berechtigte Angst bestehen vor Geruchsbelästigung, dem Lösen der Versorgung, vor Hautirritationen und deren langwieriger und schmerzhafter Weiterbehandlung, weil nicht genügend Versorgungsmaterial zur Verfügung steht.
Es muss mindestens ein Monatsbedarf Reserve zur Verfügung stehen, denn auch Urlaubszeit und Lieferengpässe sind zu bedenken. Keine Reserve zu haben hat in jedem Fall unzumutbaren seelischen Druck zur Folge.
Es ist auch ein Mehrverbrauch in Untersuchungsphasen (Darmspiegelungen etc.) und bei oft bestehenden lang andauernden Hernien und Prolapssituationen sowie in Krankheitsphasen (vermehrte Durchfälle, Schübe etc.) zu bedenken.
Eine sichere und ideale Stomaversorgung ist für uns als Betroffene erst dann gegeben, wenn das Stoma von der Chirurgin oder vom Chirurgen optimal angelegt wurde und danach entsprechend gut versorgt werden kann. Auch dies erspart uns viel psychisches und körperliches Leid. Wenn man bedenkt, dass österreichweit die Heilbehelfe sich auf rund 2,4% aller Gesundheitsausgaben belaufen, so ist es für uns nicht akzeptabel, dass gerade bei der Stomaversorgung eingespart werden soll. So ist es in Zeiten wie diesen umso notwendiger, dass betroffene Stomaträgerinnen und Stomaträger gemeinsam gegen diese Limitierung vorgehen. Wir rufen Sie dazu auf:
Werden Sie Mitglied in einer Stoma-Selbsthilfegruppe und handeln Sie gemeinsam mit uns! Sie bleiben anonym – für uns eine Selbstverständlichkeit!
Auch den Österreichische ILCO Stoma-Dachverband informieren oder fragen!
Gerne können Sie sich mit Nöten, Ärger oder bei Unklarheiten immer auch an den ILCO Stoma-Dachverband wenden. Wir versuchen dann, im Einzelfall Hilfestellung zu geben. Bitte informieren Sieuns aber auch grundsätzlich über Ihre positiven und negativen Erfahrungen hinsichtlich der Umsetzung der genannten Regelungen. Denn nur aus diesen konkreten Erfahrungen kann die ILCO Argumente entwickeln, welche sie für die Interessenvertretung gegenüber Politik, Kostenträgern (Kassen) und Leistungserbringern benötigt!