HomeOffice: Arbeiten in Jogginghose
In Zeiten der Coronavirus-Krise sind viele Berufstätige, die normalerweise in Büros arbeiten, im Homeoffice tätig. Sie arbeiten von zu Hause aus, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Sie kommunizieren mit dem Arbeitgeber und den Kollegen via E-Mail, Telefon, Telefon- oder Video-Konferenz. Auch in unseren Reihen ist eine junge Frau, die über ihre Arbeitssituation im Homeoffice berichtet:
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Wir schreiben Mai 2020. Seit über 50 Tagen arbeite ich nun schon in Jogging-Hose. Ist das noch eine professionelle Arbeitshaltung? Wen juckts! Bis zur Videokonferenz, die für 11 Uhr angesetzt ist, werde ich mir wohl noch eine Strickjacke über das zerschlissene T-Shirt vom letzten Festival-Sommer ziehen. Das wirkt dann seriöser. Mein Chef muss ja nicht wissen, womit ich meine Zeit verbringe, wenn ich mich freitags auslogge und ins Wochenende verabschiede.
Ach, Sommer! Konzerte! Bier! Freunde! Das wird wohl im Jahr des Social Distancings nichts. Fast wie damals, im Sommer 2016 nach meinen OPs, als ich noch richtig krank war, mein Immunsystem völlig im Keller war und ich mir bei jedem Windhauch eine Infektion eingefangen habe. Da musste ich mich auch von Menschen fernhalten. Wer mich besuchte, hielt Abstand und trug Mundschutz. Das war ähnlich, nur schlimmer, weil das Leben draußen für alle anderen weiter ging, nur für mich nicht. Das einzig Gute an der Corona-Quarantäne ist vielleicht, dass es dieses Mal alle trifft. So verpasst man nichts. Der Flug in den Sommer-Urlaub: storniert, das Festival: abgesagt, die Hochzeit meiner Freundin: verschoben. Als ich krank war, ging das Leben für alle anderen weiter. Jetzt scheint die Welt still zu stehen. Derweil arbeite ich von zu Hause und räume zwischen Telefonaten und Videokonferenzen die Spülmaschine aus. Noch ein Vorteil: meine Wohnung war noch nie so sauber.
10:30 Uhr, noch eine halbe Stunde bis zur nächsten Video-Konferenz. Ich ziehe die Kamera meines Bildschirms in genau den passenden Winkel, aus dem man im Hintergrund mein Bücherregal gut erkennen kann, aber nicht den Fernseher, das zerknautschte Sofa und den Beistelltisch mit den ungespülten Rotweingläsern von gestern Abend. So bleibt mir vielleicht ein Hauch Privatsphäre er-halten. Mein Chef braucht schließlich nicht zu wissen, dass ich immer noch lebe wie im Studium, obwohl ich seit mittlerweile 3 Jahren einen solide bezahlten Vollzeitjob habe. Unsere Wohnung hat 50 m², zwei Zimmer und nur einen Tisch. Das ist normalerweise kein Problem, weil wir sonst ohnehin fast ausschließlich zum Schlafen zu Hause sind. Aber „Normalerweise“ gilt nicht mehr. Seit mein Freund und ich von zu Hause arbeiten, muss immer einer von uns ins Schlafzimmer gehen und sich zum Arbeiten mit dem Laptop aufs Bett setzen, wenn der andere in der Wohnküche einen Video-Anruf annimmt. Neulich haben sich unsere Konferenzen überschnitten. Seitdem kennt mein Chef die Farbe meiner Bettwäsche.
Zumindest habe ich Arbeit. Mit den Kellnerinnen, Schauspielerinnen und Tour-Guides dieser Welt möchte ich gerade nicht tauschen. Auch nicht mit den Frauen und Männern der Notrufzentralen, die die Fragen besorgter Bürger entgegennehmen. Ich möchte auch keine Grenzkontrollen machen. Und ich danke dem Universum, dass ich nicht auf einer norditalienischem Intensivstation Entscheidungen darüber treffen muss, wer weiterleben darf und wer nicht, weil es nicht genügend Beatmungsplätze gibt. Eigentlich möchte ich nur, dass wir bald alle unbeschadet zur Normalität zurückkehren und, dass es meinen Freunden und meiner Familie gut geht. Wenn ich dazu beitragen kann, indem ich in Jogginghose von zu Hause arbeite, tue ich das gerne. Ich besitze übrigens noch bedruckte T-Shirts mit einer Karikatur von Donald Trump, dem Band-Emblem der Sex Pistols, dem Gesicht von Bob Marley und dem Schriftzug von Jurassic Park. Insofern bin für den weiteren Verlauf des Home-Office bestens ausgestattet. In diesem Sinne: bleibt seriös, bleibt zu Hause und bleibt gesund!
Ach, Sommer! Konzerte! Bier! Freunde! Das wird wohl im Jahr des Social Distancings nichts. Fast wie damals, im Sommer 2016 nach meinen OPs, als ich noch richtig krank war, mein Immunsystem völlig im Keller war und ich mir bei jedem Windhauch eine Infektion eingefangen habe. Da musste ich mich auch von Menschen fernhalten. Wer mich besuchte, hielt Abstand und trug Mundschutz. Das war ähnlich, nur schlimmer, weil das Leben draußen für alle anderen weiter ging, nur für mich nicht. Das einzig Gute an der Corona-Quarantäne ist vielleicht, dass es dieses Mal alle trifft. So verpasst man nichts. Der Flug in den Sommer-Urlaub: storniert, das Festival: abgesagt, die Hochzeit meiner Freundin: verschoben. Als ich krank war, ging das Leben für alle anderen weiter. Jetzt scheint die Welt still zu stehen. Derweil arbeite ich von zu Hause und räume zwischen Telefonaten und Videokonferenzen die Spülmaschine aus. Noch ein Vorteil: meine Wohnung war noch nie so sauber.
10:30 Uhr, noch eine halbe Stunde bis zur nächsten Video-Konferenz. Ich ziehe die Kamera meines Bildschirms in genau den passenden Winkel, aus dem man im Hintergrund mein Bücherregal gut erkennen kann, aber nicht den Fernseher, das zerknautschte Sofa und den Beistelltisch mit den ungespülten Rotweingläsern von gestern Abend. So bleibt mir vielleicht ein Hauch Privatsphäre er-halten. Mein Chef braucht schließlich nicht zu wissen, dass ich immer noch lebe wie im Studium, obwohl ich seit mittlerweile 3 Jahren einen solide bezahlten Vollzeitjob habe. Unsere Wohnung hat 50 m², zwei Zimmer und nur einen Tisch. Das ist normalerweise kein Problem, weil wir sonst ohnehin fast ausschließlich zum Schlafen zu Hause sind. Aber „Normalerweise“ gilt nicht mehr. Seit mein Freund und ich von zu Hause arbeiten, muss immer einer von uns ins Schlafzimmer gehen und sich zum Arbeiten mit dem Laptop aufs Bett setzen, wenn der andere in der Wohnküche einen Video-Anruf annimmt. Neulich haben sich unsere Konferenzen überschnitten. Seitdem kennt mein Chef die Farbe meiner Bettwäsche.
Zumindest habe ich Arbeit. Mit den Kellnerinnen, Schauspielerinnen und Tour-Guides dieser Welt möchte ich gerade nicht tauschen. Auch nicht mit den Frauen und Männern der Notrufzentralen, die die Fragen besorgter Bürger entgegennehmen. Ich möchte auch keine Grenzkontrollen machen. Und ich danke dem Universum, dass ich nicht auf einer norditalienischem Intensivstation Entscheidungen darüber treffen muss, wer weiterleben darf und wer nicht, weil es nicht genügend Beatmungsplätze gibt. Eigentlich möchte ich nur, dass wir bald alle unbeschadet zur Normalität zurückkehren und, dass es meinen Freunden und meiner Familie gut geht. Wenn ich dazu beitragen kann, indem ich in Jogginghose von zu Hause arbeite, tue ich das gerne. Ich besitze übrigens noch bedruckte T-Shirts mit einer Karikatur von Donald Trump, dem Band-Emblem der Sex Pistols, dem Gesicht von Bob Marley und dem Schriftzug von Jurassic Park. Insofern bin für den weiteren Verlauf des Home-Office bestens ausgestattet. In diesem Sinne: bleibt seriös, bleibt zu Hause und bleibt gesund!
Annika